Löhne/Westfalen. Ergänzend zur Plakatausstellung „Wege zum Frieden. Kriegsfolgen und Friedensprozesse“, die aktuell in der Volkshochschule Löhne gezeigt wird, hat im Februar dort ebenfalls eine spannende Veranstaltung zu dem Thema stattgefunden. In Kooperation mit der VHS und Konrad-Adenauer-Stiftung lud der Volksbund interessierte Menschen aus der Region ein, um knapp 80 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges die Frage zu besprechen, ob zurzeit kein Frieden (mehr) in Sicht ist.
Nach einem kurzen Grußwort des Landrates Jürgen Müller, im Ehrenamt Vorsitzender des Kreisverbandes Herford des Volksbundes, in dem er die aktuelle Debatte rund um die Migration in Deutschland kritisierte, begann Prof. Dr. Jonas Rees von der Universität Bielefeld mit einem ersten Impulsvortrag. Der Professor für Politische Psychologie am Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld betonte, wie sehr das Wissen über den Zweiten Weltkrieg in der Gesellschaft zunehmend verloren geht. Er stellte den Zuhörenden dazu einige Erkenntnisse aus der sogenannten MEMO-Jugendstudie von 2017-2023 vor. „Die kollektive Gedenkkultur an die NS-Verbrechen droht einer kollektiven Geschichtsvergessenheit zu weichen“, so betonte es Prof. Dr. Jonas Rees in einem seiner drei Kerngedanken.
Im zweiten Vortrag mit dem Titel „Krieg und (k)ein Ende? Das globale Konfliktgeschehen, Russlands Angriffskrieg und Perspektiven für Frieden“ nahm Prof. Dr. Ulrich Schneckener dagegen die aktuelle Situation auf der Welt in den Blick.
Der Professor für Internationale Beziehungen & Friedens- und Konfliktforschung an der Universität Osnabrück und Vorsitzender der Deutschen Stiftung Friedensforschung machte deutlich, dass in den letzten Jahren wieder mehr Kriege auf der Welt zu verzeichnen sind. Gleichzeitig betonte er, dass es sich beim russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine um eine besondere Kriegsform handelt, die es in der Form und Dimension seit Jahrzehnten nicht mehr gegeben hat. „Im Vergleich zu vielen anderen innerstaatlichen Konflikten (Bürgerkriegen) ist hier die Verantwortung für den Krieg eindeutig zu benennen“, so Prof. Dr. Ulrich Schneckener.
Der Krieg gegen die Ukraine ist schließlich auch das bestimmende Thema der anschließenden Podiumsdiskussion gewesen, die von Dr. Claudia Kemper vom LWL-Institut für westfälische Regionalgeschichte moderiert wurde. Die Moderatorin, die selbst ein Buch mit dem Titel „Männlicher Krieg und weiblicher Frieden? Geschlechterordnung von Gewalterfahrungen“ veröffentlicht hat, stellte den beiden Impulsgebern u.a. die Frage, ob der Krieg von Putin nicht ein Ausdruck von „toxischer Männlichkeit“ wäre. Auch wenn Prof. Dr. Ulrich Schneckener und Prof. Dr. Jonas Rees den Frageansatz der Moderatorin nachvollziehen konnten, betonten sie, dass der Krieg gleichwohl differenzierter zu betrachten sei. Vor allem für die Frage nach möglichen Kriegsendszenarien helfe das Konzept „toxischer Männlichkeit“ vorerst nicht weiter.
Auf die Fragen aus dem Publikum nach einem möglichen Ende des Krieges (der Kampfhandlungen) verdeutlichte Prof. Dr. Ulrich Schneckener immer wieder die drei denkbaren Szenarien aus dem Bereich der Friedensforschung - den „Siegfrieden“, „Kalten Frieden“ oder „Verhandlungsfrieden“. Beide Seiten seien aktuell anscheinend darum bemüht, sich eine gute Ausgangssituation für etwaige Verhandlungen zu verschaffen. Ein dauerhafter Frieden, so der Tenor des Abends, scheint tatsächlich noch nicht in Sicht zu sein.
Hinweis: Weitere Veranstaltungen des Volksbundes NRW zum 80. Jahrestag des Kriegsendes finden Sie auf unserer Projektseite und/oder im Gedenkportal des Volksbundes.
Fotos und Text: Jens Effkemann